Friedrich Hermanni
Die letzte Entlastung
Vollendung und Scheitern des abendländischen Theodizeeprojektes in Schellings Philosophie
Seit Leibniz bezeichnet Theodizee jenen Prozess, in dem der Schöpfer angesichts der Übel unter Anklage steht und in dem die Vernunft als Ankläger, Verteidiger und Richter auftritt. Diese rationale Theodizee gelangt in Schellings Philosophie zur Vollendung und zugleich zu ihrem Ende.
Zur Rechtfertigung Gottes führt Schelling den üblen Zustand der Welt auf einen Freiheitsmissbrauch des Menschen (Sündenfall) und die dadurch selbst zum Übel gewordene Freiheit auf den von Gott unterschiedenen Grund seiner Existenz zurück. Diese zweistufige Entlastung hat früheren Theodizeeversuchen gegenüber drei entscheidende Vorzüge. Sie vermag das Grundproblem jeder Sündenfall-Lehre, das Problem der Verträglichkeit zwischen Gott und menschlicher Freiheit, erstmals überzeugend zu lösen. Sie kommt ohne Verharmlosungen der Übel aus und eröffnet ein systematisches Verständnis für die Gefährdung menschlichen Daseins. Sie überführt die Annahme eines Sündenfalls aus der mythischen in eine theoretische Form und macht sie dadurch argumentativ entscheidbar.
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