„Wiener Moderne” bezeichnet eine Krise von Kultur, Identität und Sprache. „Ich definiere die Moderne, in ästhetischer und theoretischer Hinsicht, als eine Repräsentation und Interpretation der kulturellen Krise, welche durch die Modernisierung provoziert wurde.” So artikuliert sich in der Vielfalt der Tagebücher das gemeinsame Gefühl eines Unbehagens an der Moderne. Gerade die großen Wiener Modernen wie Schnitzler, Musil, Stefan Zweig, Kraus, Altenberg, Schiele, Herzl, Wittgenstein, Freud, fragen nach dem Sinn persönlicher Existenz und kollektiver Geschichte, suchen Zuflucht im Tagebuch, dieser „Schrift des Monologs, eingeschrieben in den reduzierten Raum der ‚zwischen Ich und Ich‘ logiert”.
Aufbauend auf seine Studie „Das Ende der Illusion. Zur Kritik der Moderne” von 1990, analysiert Le Rider den Zusammenhang der Wiener Moderne – ihre radikalen Neuerungen in Kunst, Philosophie, Psychoanalyse – mit dem Aufblühen der Gattung des Tagebuchs im Fin de siècle anhand des Verhältnisses von Gedächtnis – Erinnerung – Vergessen.
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