Goethe inszenierte seine Reisen meisterhaft. Er verstand es, seine Abwesenheit in wachsende Bedeutung umzumünzen. Häufig war er, nach Fürstenvorrecht, inkognito unterwegs – und wollte doch möglichst erkannt werden. Am liebsten ging er als Maler und arbeitete rücksichtslos an der kunstvollen Vielfalt seiner Existenz. Die zeitgenössische Klage über Entfremdung und mangelnde Identität war Goethes Sache nicht.
Er wurde kein Maler, entwickelte aber sein malerisches Auge zum perfekten Werkzeug. Dem beharrlichen Blick des Liebhabers antwortete die Welt mit Gegenbildern. Sie bildete einen geschlossenen, lesbaren Kosmos, wie ihn Goethe am Weimarer Fürstenhof vorfand und in der Form des autonomen Kunstwerkes reproduzierte. Die Gewissheit dieser glücklichen Ordnung bot den Spielraum für die heraufziehende Modernität. Hier waren kleine und große Welt geschickt ineinandergefaltet. Dass sie sich später barbarisch polarisierten, hätte Goethe wenig überrascht.
“Goethe-Reisen” zeigt den Dichter als Schlittschuhläufer, der Talent zum Reisen besaß, aber das Reisen nicht nötig hatte.
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