Charlotte Wolter war die bedeutendste Sprechtheaterkünstlerin des späten 19. Jahrhunderts. Ihre Kaiserinnen-Darstellung in der Uraufführung „Arria und Messalina“ führte zu einer der wichtigsten österreichischen theatergeschichtlichen Kontroversen, da Wolter ein Unbehagen an politischer Repräsentation vorführte, das auch als Kritik an Elementen der repräsentativen Theaterverfassung zu lesen ist, aber auch auf Elisabeth als die Kaiserin verweist, die sich einem zerfallenden Vielvölkerstaat nicht mehr öffentlich zur Verfügung stellen wollte.
Infolge der 1848/49 erhobenen revolutionären Forderungen nach mehr bürgerlicher Repräsentation und Freiheit bewegt die in Wien zentrale Frage nach dem Körper der Kaiserin und seiner Vermittlung den preußischen Theaterkritiker H. T. Rötscher wie keinen anderen Theoretiker im 19. Jahrhundert. Rötscher gibt dem König von Preußen die Bühne als Repräsentationsort; er rettet seinen politischen Körper, indem er den natürlichen zur Schau stellt.
Anhand des gewonnenen historischen Materials gelingt es Wiesel nachzuweisen, wie sehr auch das bundesdeutsche Regietheater noch in der Tradition autokratischer Darstellungsmethoden steht.
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