Die Überlegungen seiner neuesten Essaysammlung führen Virilio zu einer fundierten Skepsis hinsichtlich Fortschritt und Wissenschaft. Er stellt den Umgang mit dem Wissen in Frage und fordert eine globale Risikoforschung, die kommende Megakatastrophen verhindern soll.
Ausgehend von Dutzenden den Medien entnommenen, konkreten Ereignissen kündigt Paul Virilio das kommende Risiko dessen an, was er den "vollständigen Unfall" nennt, das heißt eine Megakatastrophe, die in der Explosion der Atombombe, der Klimabombe, der demografischen Bombe und der Finanz-Bombe gipfelt. Die Zeit drängt also. Denn die fatale Konvergenz dieser Risiken rückt laut Virilio näher. Wie kann sie aufgehalten werden? Auf die Wissenschaft oder die Information zu setzen kann schwierig werden, denn "im Laufe des 20. Jahrhunderts hat die Militarisierung der Wissenschaft das Fachwissen suspekt gemacht, genauso wie die Entwicklung der Boulevardpresse im 19. Jahrhundert die öffentliche Information suspekt gemacht hat". Virilios Idee ist es, schnellstmöglich eine "Universität des vollendeten Desasters" ins Leben zu rufen, wo in neuen Disziplinen die großen Katastrophen analysiert werden sollen, um "die Zukunft davon abzubringen, sich zu ereignen".
Paul Virilio wurde 1932 in Paris geboren. Er leitete von 1972 bis 1975 die École Spéciale d’Architecture und lebt heute als Architekt, Stadtplaner und Schriftsteller in La Rochelle.