Anhand der Untersuchung von Marie von Ebner-Eschenbachs ‚Werkstatt‘, einiger bevorzugter Themen ihrer Werke und ihrer Wahlverwandtschaft mit Hannah Arendt, stellt Wandruszka die Aktualität dieser politischen Erzählerin dar.
Ein „verstehendes Herz“ – nach Hannah Arendt unser einziger innerer Kompass, um uns in der Welt zu orientieren, um „Zeitgenossen“ zu sein – war Marie von Ebner-Eschenbach (1830–1916) mitgegeben. Schreiben wurde für sie zur tagtäglichen Notwendigkeit, um die Konflikte zwischen Männern und Frauen der verschiedensten Kreise – Adel, Landbevölkerung, Handwerker- und Dienerschaft, sowie Wiener Bürgertum – zu reflektieren. Sie stellte sich vor, „was ohnehin geschieht“, und machte daraus eine Geschichte, die sie dann anderen, insbesondere einer regelrecht mitarbeitenden Freundin, zur Beurteilung vorlas. So entstanden Erzählungen, die uns, dank der Darstellung von Ungerechtigkeit, Gewalt und Dummheit, aber auch von positiv eingreifendem Handeln auf unsere heutige, nicht minder im Argen liegende Welt verweisen.
Marie Luise Wandruszka lehrt Germanistik an der Universität Bologna.